Kaiser Wilhelm II. ruft die Deutschen zum Entscheidungskampf
Am 6. August 1914 hielt Kaiser Wilhelm II. diese Rede, in der er das Bild eines friedensliebenden und erfolgreichen deutschen Staates, welcher nun durch den Überfall neidischer Feinde zur Verteidigung gezwungen sei, zeichnete. Er selbst habe sich stets darum bemüht, den Frieden zu erhalten. Nun gelte es aber, einig zu sein; jedes Schwanken wäre Verrat am Vaterland. Obwohl es sich offensichtlich um Propaganda handelte, glaubten viele dieser Sichtweise. So ist auch zu erklären, dass der Mythos der aufgezwungenen Selbstverteidigung und der Notwendigkeit zum Burgfrieden tief bis in die Sozialdemokratie Eingang fand. Insbesondere die Wendung »Sein oder Nichtsein« und das Bild einer angegriffenen, zur Entscheidungsschlacht gezwungenen Nation erinnert an die Argumentation des Artikels von Friedrich Stampfer. Dieser war zwar vom SPD-Parteivorstand zurückgezogen worden, zeigte aber, so Stampfers Vertrauter Philipp Scheidemann in seinen Memoiren, »klar und deutlich« die Stimmung der Partei in jenen Tagen.[1]
[1] Vgl. Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 239.
Die Rede des Kaisers als Tondokument (nachgesprochen und aufgezeichnet am 10. Januar 1918): Burgfrieden – Erinnerungsorte der Sozialdemokratie.