SPD-Parteivorstand ruft zu Friedenskundgebungen auf
Aufgrund des am Vortag bekannt gewordenen Wortlauts des Ultimatums an Serbien forderte der SPD-Parteivorstand »im Namen der Menschlichkeit und der Kultur« am 25. Juli 1914 von der Reichsregierung, sich durch Einflussnahme auf Österreich für die »Aufrechterhaltung des Friedens« einzusetzen und sich im Kriegsfalle »jeder kriegerischen Einmischung« zu enthalten. Alle Organisationen der Arbeiterbewegung sollten durch sofortige Friedenskundgebungen gegen den drohenden Weltkrieg protestieren.[1] Damit wollte man auch ein Zeichen gegen die von nationalistischen Kreisen organisierte »Kriegshetze« setzen. Noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag kam es in Berlin und weiteren Städten zu Demonstrationen von Tausenden Kriegsbegeisterten, die lauthals einen Sieg gegen Frankreich herbeiwünschten.[2] Philipp Scheidemann, der im Urlaub vom Ultimatum erfahren hatte, war sofort in Richtung Berlin aufgebrochen.[3] Die Eindrücke nach seiner Ankunft hielt er in seinen Memoiren fest:
»Es gab nur ein Gesprächsthema: ›Krieg‹. Die Anhänger des Kriegs schienen in der großen Mehrheit zu sein. Waren die kampfbegeisterten Jünglinge, Männer und Greise von allen guten Geistern verlassen? Waren sie alle so vollkommen im Unklaren über das Furchtbare eines Krieges?«[4]
[1] Vgl. dazu Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 30.
[2] Vgl. Die Politik der Straße, in: »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914.
[3] Vgl. Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 234.
[4] Ebd., S. 235.