Massenstreik?

Landesparteitag der SPD in Württemberg beschließt Antikriegsresolution

Bericht über den SPD-Landesparteitag in Esslingen im »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Bericht über den SPD-Landesparteitag in Esslingen im »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Am 25. und 26. Juli 1914 beriet der Landesparteitag der SPD Württembergs in Esslingen über die Kriegsgefahr. Er verabschiedete eine von Clara Zetkin begründete Resolution, die sich gegen den drohenden Krieg richtete. Darin gelobten die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, sich nachdrücklich für den Erhalt des Friedens einzusetzen, und verwiesen dabei auf das russische Proletariat:

»Sie [die Vertreter der SPD Württembergs, d. Verf.] begrüßen das heldenhafte revolutionäre Proletariat Rußlands, das aufs neue im Kampf für das wirtschaftliche und politische Recht der Ausgebeuteten die Waffe des Massenstreiks erprobt. Sie begrüßen es als einen starken Hort des Friedens in dieser verhängnisschweren Zeit. Indem das russische Proletariat durch den Massenstreik den Zarismus, einen der gewissenlosesten Kriegstreiber, lähmt, beweist es durch die Tat, welch starke Macht eine kühne, opferbereite Arbeiterklasse in den Kampf für Freiheit und Frieden einzusetzen vermag.«[1]

Führende Sozialisten, wie der Franzose Jean Jaurès, hatten den internationalen Massenstreik als Druckmittel gegen Krieg mehrfach ins Feld geführt.[2] Innerhalb der deutschen Sozialdemokratie überwogen jedoch innenpolitische Überlegungen[3] und die Tendenz, sich lieber als Teil der deutschen Gesellschaft zu beweisen, als wieder zum »Reichsfeind« erklärt zu werden.

[1] »Schwäbische Tagwacht« vom 27. Juli 1914.
[2] Vgl. Wolfgang Kruse, Der Antikriegsstreik in der internationalen Arbeiterbewegung, in: Andreas Gestrich/Gottfried Niedhart/Bernd Ulrich (Hrsg.), Gewaltfreiheit. Pazifistische Konzepte im 19. und 20. Jahrhundert (= Jahrbuch für Historische Friedensforschung 5), Münster 1996, S. 60–79, hier: S. 70f.
[3] Vgl. ebd., S. 78.

Link zur Quelle: »Lübecker Volksbote« vom 28. Juli 1914.