Das Ultimatum an Serbien

Es droht unmittelbare Kriegsgefahr

Ausschnitt der Meldung zum Ultimatum im »Lübecker Volksboten« vom 24. Juli 1914.

Ausschnitt der Meldung zum Ultimatum im »Lübecker Volksboten« vom 24. Juli 1914.

Am 24. Juli 1914 wurde der Wortlaut des am Vortag übergebenen Ultimatums an Serbien bekannt. Wie der »Lübecker Volksbote« kommentierte, erschien es ausgeschlossen, dass Serbien »diese äußerst weitgehenden Forderungen« erfüllen würde. Die Folge seien »kriegerische Verwicklungen«, in welche auch Deutschland hineingezogen werden könne.[1] Dass Kaiser Wilhelm II. bereits den »Blankoscheck«, die Zusage seiner uneingeschränkten Unterstützung jedweder Maßnahme gegen Serbien, an Österreich-Ungarn übermittelt hatte, war der Öffentlichkeit nicht bekannt. Der SPD-Parteivorstand erkannte jetzt die akute Kriegsgefahr: Er berief eine außerplanmäßige Sitzung des Internationalen Sozialistischen Büros für den 29. Juli in Brüssel ein und bereitete einen Aufruf als Reaktion vor.[2] Auch innerhalb der Arbeiterschaft wurden die neuesten Nachrichten diskutiert. In dem von einem verkleideten Polizisten in einer Hamburger Schankwirtschaft morgens gegen halb neun mitgehörten Gespräch dreier Arbeiter sagte einer:

»Ich glaube, daß es diesmal ernst wird. Serbien kann nicht in allem nachgeben, was Österreich verlangt. […] Hoffentlich spielt sich die Sache zwischen Serbien und Österreich allein ab. Wenn Rußland sich in die Händel einmischt, denn werden wir auch in einen Krieg mit verwikkelt. Ich bin froh, daß ich nicht mehr mit brauche. Denn mich für andere Leute totschießen zu lassen, dazu habe ich keine Lust.«[3]

[1] Vgl. Ein Ultimatum an Serbien, in: »Lübecker Volksbote« vom 24. Juli 1914.
[2] Vgl. Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 30.
[3] Richard J. Evans (Hrsg.), Kneipengespräche im Kaiserreich. Stimmungsberichte der Hamburger Politischen Polizei 1892–1914, Hamburg 1989, S. 415.