Kneipengespräche

Arbeiter diskutieren über das Attentat von Sarajevo

Am 4. Juli 1914 besuchte ein als Arbeiter verkleidetes Mitglied der Politischen Polizei Hamburgs die Wirtschaft von Heinrich Ohlmeier in der Tunnelstraße 50 in Veddel. Insgesamt sechs Polizisten hatten die Aufgabe, täglich die Hafen- und Arbeiterviertel der Hansestadt aufzusuchen, um die Meinung der Arbeiterschaft zu ergründen.[1] Der Beamte mit dem Namen Szymanski notierte den Dialog von vier Arbeitern, die sich über das Attentat von Sarajevo unterhielten. Nachdem einer von ihnen den Umgang Österreich-Ungarns mit Serbien kritisiert hatte und ein anderer die anarchische Veranlagung der Serben als Ursache vermutete, sagte ein Dritter: »Na! Aus diesem Brandloch wird doch noch ein europäischer Krieg entstehen, denn die Großmächte können ihre Finger nicht davon lassen, und jede Großmacht möchte aus dem Wirrwarr etwas für sich heraushaben.«[2] In der Führungsspitze der SPD und der freien Gewerkschaften dachte man zu diesem Zeitpunkt ähnlich. Zwar sah man durch das Attentat den Frieden zunehmend bedroht, konkrete Maßnahmen gegen den Krieg wurden aber noch nicht erwogen.[3]

Die möglichen Folgen des Attentats wurden in der sozialdemokratischen Presse Anfang Juli intensiv thematisiert, danach bestimmten jedoch recht schnell wieder andere Themen die Berichterstattung. Ausschnitt des Titelblatts der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 1. Juli 1914.

Die möglichen Folgen des Attentats wurden in der sozialdemokratischen Presse Anfang Juli intensiv thematisiert, danach bestimmten jedoch recht schnell wieder andere Themen die Berichterstattung. Ausschnitt des Titelblatts der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 1. Juli 1914.

[1] Richard J. Evans (Hrsg.), Kneipengespräche im Kaiserreich. Stimmungsberichte der Hamburger Politischen Polizei 1892–1914, Hamburg 1989, S. 13f.
[2] Ebd., S. 414f.
[3] Vgl. Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 29.

Link zur Quelle: »Volksstimme« (Magdeburg) vom 1. Juli 1914.