Streik im Speditionsgewerbe

Fuhrleute wollen 11 statt 15 oder 16 Stunden am Tag arbeiten und eine gerechtere Entlohnung

Mitteilung des »Lübecker Volksboten« vom 7. Mai 1914.

Mitteilung des »Lübecker Volksboten« vom 7. Mai 1914.

Am 7. Mai 1914 folgten die Dortmunder Kutscher und Fuhrleute dem Beispiel ihrer Hamburger Kollegen und legten die Arbeit nieder. Arbeitskämpfe waren im Frühjahr 1914 im Deutschen Reich an der Tagesordnung, wobei es starke regionale und strukturelle Unterschiede gab: Sie wurden in erster Linie in den Städten ausgefochten, und vornehmlich dort, wo viele in Freien Gewerkschaften organisiert waren.[1] So konnten in vielen Gewerben und Gewerken bessere Arbeitszeiten, Lohnuntergrenzen und Freizeitregelungen durchgesetzt werden. Das Wort »Kampf« musste hier vielerorts wörtlich genommen werden. Durch die Einschränkungen des Koalitionsrechts und die arbeitgeberfreundliche Politik der Obrigkeit konnten Forderungen nur in sehr kleinen Schritten und durch oftmals wochenlangen Lohnverzicht errungen werden. Zudem waren Streikende stets in der Gefahr, durch ›Streikbrecher‹ ersetzt oder von der Polizei in Gewahrsam genommen zu werden. Wie sehr der Staat die Interessen der Unternehmer vertrat, zeigt das Beispiel der Dortmunder Kutscher: Neben jedem Fuhrmann der Müllabfuhr und der Speditionsfirmen nahm während des Streiks ein Polizeibeamter platz, um diesen und vor allem die Ausführung seiner Arbeit zu schützen.[2]

Zwei Männer mit Kutsche um 1914. Rechteinhaber nicht ermittelbar.

Zwei Männer mit Kutsche um 1914. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Streikbrecher gesucht. Appell des »Lübecker Volksboten« vom 6. Mai 1914, den Hamburger Arbeitskampf nicht zu behindern.

Streikbrecher gesucht. Appell des »Lübecker Volksboten« vom 6. Mai 1914, den Hamburger Arbeitskampf nicht zu behindern.

[1] Vgl. Friedhelm Boll, Arbeitskampf und Region. Arbeitskämpfe, Tarifverträge und Streikwellen im regionalen Vergleich 1871–1914, in: Gerhard A. Ritter (Hrsg.), Der Aufstieg der deutschen Arbeiterbewegung. Sozialdemokratie und Freie Gewerkschaften im Parteiensystem und Sozialmilieu des Kaiserreiches, München 1990, S. 379–414, hier insb.: S. 400.

[2] Vgl. »Lübecker Volksbote« vom 8. Mai 1914.

Links zu den Quellen: »Lübecker Volksbote« vom 6. Mai 1914 und vom 7. Mai 1914.