Massendemonstrationen gegen den Krieg

Tausende Anhänger der Arbeiterbewegung protestieren in den Städten des Kaiserreichs

Ausschnitt der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914.

Ausschnitt der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914.

Ausschnitt des »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Ausschnitt des »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Am 28. Juli 1914 und in den Folgetagen kam es in allen größeren Städten des Reichs zu Massenprotesten gegen den Krieg. Dabei folgten Tausende dem Aufruf des Parteivorstands und der sozialdemokratischen Presse. Im Kölner Volkshaus fand mit etwa 10.000 Demonstranten eine der größten Veranstaltungen in der Geschichte der dortigen Arbeiterschaft statt.[1] In Berlin Unter den Linden kam es nach den Erinnerungen Philipp Scheidemanns zu einem tagelangen »Sängerkrieg«: »Zeitweilig wurden die Patrioten durch die Proletariermassen zur Ruhe gezwungen, dann aber waren sie wieder obenauf.«[2] Seit mehreren Tagen hatten sich Kriegsbefürworter und Kriegsgegner gegenseitig beschimpft und lauthals Lieder gesungen. Nach den ersten Jubelmärschen am Abend des 25. Juli hatte die Berliner SPD Gegenveranstaltungen organisiert.[3] Auswertungen der sozialdemokratischen Presse und lokalgeschichtlicher Studien zeigen eine hohe Beteiligung und eine weiträumige Ausbreitung der Antikriegsproteste: Zwischen dem 26. und dem 31. Juli 1914 demonstrierten weit mehr als 500.000 Menschen auf mindestens 288 Antikriegsversammlungen in 163 Städten und Gemeinden.[4]

Bildausschnitt: Sozialdemokratische Friedensdemonstration in Berlin auf dem Weg zum Treptower Park 1914. Rechteinhaber unbekannt, Quelle: SPD.

Bild: Sozialdemokratische Friedensdemonstration in Berlin auf dem Weg zum Treptower Park 1914, Ausschnitt SPD-Plakat. Rechteinhaber: ARE; Quelle: AdsD der FES [6/PLKA014453].

[1] Vgl. Manfred Faust, Krieg, Revolution, Spaltung. Die Kölner Sozialdemokratie 1914 bis 1920, in: Sozialdemokratie in Köln, Köln 1986, S. 83–104, hier: S. 83.
[2] Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 236.
[3] Zu den ersten Demonstrationen Unter den Linden vgl. Die Berliner Demonstration, in: »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 27. Juli 1914.
[4] Vgl. hierzu die Auswertung und Tabellen bei: Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 30–42, insb. S. 31.

Links zu den Quellen: »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914 und »Lübecker Volksbote« vom 28. Juli 1914.

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