»›Gleichheit‹ vor der Justiz«

Drei Männer wegen Schmierereien in Berlin zu hohen Strafen verurteilt

In der Nacht vom 10. auf den 11. März 1914 hatten ein Arbeiter und zwei Schlosser das Kaiser-Friedrich-Denkmal vor dem Charlottenburger Schloss in Berlin 14-mal in roter Farbe mit der Aufschrift »Rote Woche« beschmiert. Angefeuert von der bürgerlichen Presse verbreitete sich die Nachricht als Skandal im ganzen Reich. Am 8. Juni 1914 fällte das Berliner Landgericht nach nur etwa 20-minütiger Verhandlung ein betont abschreckendes Urteil: ein Jahr und sechs Monate Gefängnis für jeden der drei. Die Beseitigung der Schmierereien kostete dagegen nur 75 Mark.[1] Während von vielen Seiten Geldspenden für die Angehörigen der Verurteilten zusammengetragen wurden, kritisierten sozialdemokratische Blätter in den folgenden Tagen wiederholt die Unverhältnismäßigkeit des Richterspruchs. Der »Lübecker Volksbote« kontrastierte das Urteil mit der vergleichsweise milden Rechtsprechung gegenüber Studenten und Offizieren:

Ausschnitt des »Lübecker Volksboten« vom 13. Juni 1914.

Ausschnitt des »Lübecker Volksboten« vom 13. Juni 1914.

[1] Vgl. Ein Schreckensurteil, in: »Lübecker Volksbote« vom 9. Juni 1914.

Link zur Quelle: »Lübecker Volksbote« vom 13. Juni 1914.