Wilhelm Kolb spricht sich für eine »positive Reformpolitik« aus
In seinem Aufsatz in den »Sozialistischen Monatsheften« vom 29. Januar 1914 resümierte Wilhelm Kolb zunächst die inhaltlichen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD. Zum wiederholten Male akut wurden diese Auseinandersetzungen als es darum ging, der massiven Aufrüstung des Militärs zuzustimmen. Für Kolb, der schon 1905 in Baden ein Bündnis mit Links- und Nationalliberalen forciert hatte [1], hatten die Sozialdemokraten hier zurecht ihre antimilitaristische Position verlassen. Er wertete dies als ein Ringen zwischen einer »Taktik der Negation« und einer »Taktik der positiven Reformpolitik«. Je größer die Anhängerschaft der Sozialdemokratie werde, desto eher müsse sie die Negation ablegen und sich an wesentlichen Staatsfragen beteiligen. Kolb setzte hier auf Kompromissbereitschaft statt auf Isolation, was ihm heftige Kritik seitens der Partei auf Reichsebene einbrachte – schließlich betrachtete er ureigenste Positionen der Sozialdemokratie wie Frauenwahlrecht und Antimilitarismus als Ballast auf dem Weg zur politischen Macht.
Link zur Quelle: »Sozialistische Monatshefte« 29. Januar 1914, H. 2, S. 83–88.
[1] Frank Engehausen, Die Anfänge der Sozialdemokraten im badischen Landtag 1891-1904. Zur Vorgeschichte des Großblocks, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 2009, Bd. 157, S. 387-402, hier insb.: S. 401.