Marsch der Verwundeten

SPD-Kriegsberichterstatter Gustav Noske gewinnt Eindrücke der Zerstörung

Die Eisenbahn beförderte nicht nur Tausende Soldaten und Unmengen von Munition an die Fronten, mit ihr kamen auch immer mehr Schwerverwundete zurück. Einen unmittelbareren Eindruck des Kriegsgeschehens konnten sich die Kriegsberichterstatter Gustav Noske und Adolph Köster machen. Ende September hatten sie das von deutscher Artillerie zerschossene Fort Boissois und die von der Zivilbevölkerung weitgehend verlassene und stark zerstörte Stadt Maubeuge besichtigt. Der für die sozialdemokratischen Zeitungen abgefasste Bericht Noskes beschrieb die Vernichtungsgewalt der Granaten eindrücklich. »Daß Menschen inmitten solcher Verheerungen nicht wahnsinnig werden, ist kaum zu begreifen« – so der SPD-Reichstagsabgeordnete.[1]

Noch am selben Tag reisten die »Spezialberichterstatter«, wie sie in der Presse genannt wurden, auf der Lokomotive eines Munitionszugs weiter nach Cambrai. Dort angekommen notierte Noske am Samstag, den 3. Oktober 1914 in sein Tagebuch:

»Kaffee im schmutzigen Quartier. Idylle am Markt. Viele Truppen, friedlicher Handel, in der Mitte preußischer Gendarm. Wir kauften wunderbare Birnen. Besahen die Stadt. Über der Stadt sahen wir einen Doppeldecker. In der Ferne wieder Kanonendonner.
Sehr viele Verwundete in den Straßen. Kamen zum Teil zu Fuß vom Gefecht. Gräßlich die blutigen Verbände. Was wir an Äußerungen über Krieg hörten, klang nicht begeistert. Ein Schrei nach dem Ende der Greuel und Entbehrungen.
Dann kamen lange Wagenreihen mit Verwundeten. Vor Bahnhof Automobile mit Verwundeten. Kameraden und Pfleger nahmen sich der Verwundeten liebevoll an. Verletzte trugen Beinkranke. Fürchterlich sahen Leute mit Kopfschüssen aus.«[2]

Den Anblick Hunderter verwundeter marschierender Soldaten fasste Noske für die Zeitungen wie folgt in Worte: »Dies Bild ist wirklich Krieg, der Krieg, wie er immer war, nur so viel Mal größer.«[3]

Karte des Kriegsgebiets in Nordfrankreich im »Lübecker Volksboten« vom 3. Oktober 1914 (farbige Markierung hinzugefügt).

Karte des Kriegsgebiets in Nordfrankreich im »Lübecker Volksboten« vom 3. Oktober 1914 (farbige Markierung hinzugefügt).

»Verwundetentransport« – Gedicht aus dem Simplicissimus, abgedruckt in der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 1. Oktober 1914.

»Verwundetentransport« – Gedicht aus dem Simplicissimus, abgedruckt in der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 1. Oktober 1914.

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Zwischen dem 20. Oktober und dem 18. November 1914 fanden in Flandern heftige Kämpfe mit schwersten Verlusten auf allen Seiten statt. Im Nachlass Gustav Noskes finden sich Fotografien der Zerstörung welche wahrscheinlich auf einer späteren Reise gemacht wurden. Hier der Bahnhof von Diksmuide und das zerschossene »Yzer Magazyn« im Ort Vladslo. Quelle: Nachlass Gustav Noske, Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Zwischen dem 20. Oktober und dem 18. November 1914 fanden in Flandern heftige Kämpfe mit schwersten Verlusten auf allen Seiten statt. Im Nachlass Gustav Noskes finden sich Fotografien der Zerstörung welche wahrscheinlich auf einer späteren Reise gemacht wurden. Hier der Bahnhof von Diksmuide und das zerschossene »Yzer Magazyn« im Ort Vladslo. Quelle: Nachlass Gustav Noske, Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

[1] [Gustav Noske], Ein Ausflug nach Maubeuge, in: »Lübecker Volksbote« vom 8. Oktober 1914.
[2] Eintrag vom 3. Oktober 1914, Gustav Noske, Kriegstagebuch 1914, masch. Abschrift, Nachlass Gustav Noske, Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.
[3] [Gustav Noske], Hinter der großen Schlacht an der Aisne, in: »Lübecker Volksbote« vom 14. Oktober 1914.

Links zu den Quellen: »Lübecker Volksbote« vom 3. Oktober 1914 und »Volksstimme« (Magdeburg) vom 1. Oktober 1914.