Soldatenmisshandlungen

Rosa Luxemburg steht erneut vor Gericht

Rosa Luxemburg als Richterin über den Militarismus. Karikatur aus »Der Wahre Jacob« vom 25. Juli 1914, Nr. 731, S. 8417.

Rosa Luxemburg als Richterin über den Militarismus. Karikatur aus »Der Wahre Jacob« vom 25. Juli 1914, Nr. 731, S. 8417.

Weil sie im März auf einer Veranstaltung in Freiburg im Breisgau behauptet hatte, Soldatenmisshandlungen seien in den Kasernen des Reiches alltäglich, saß Rosa Luxemburg am 29. Juni 1914 erneut auf der Anklagebank. Kriegsminister Erich von Falkenhayn hatte wegen Beleidigung sämtlicher Offiziere und Unteroffiziere Strafantrag gestellt. Im Vorfeld des Prozesses wurden in der sozialdemokratischen Presse Aufrufe zur Zeugensuche veröffentlicht. Das hatte großen Erfolg. Zahlreiche Reservisten berichteten von Prügelstrafen und Schikanen seitens der Befehlshaber. Diese reichten von Backpfeifen über befohlenes Stubenschrubben mit der Zahnbürste bis zu schweren körperlichen Verletzungen durch Schläge.[1] Da es sich bei Luxemburgs Behauptung um die Häufigkeit der Taten drehte, vermochte es die Gegenseite nicht, die Beweisaufnahme einzuschränken. Allein zur Präzisierung des Themas hatte die Verteidigung 50 Zeugen aufgerufen.[2] So gelang es, den von Falkenhayn angedachten Prozessverlauf umzukehren: Der wirkliche Angeklagte war nun das Militär. Um dessen Ansehen nicht zu gefährden, wurde der Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt.

Zeugenaufruf in der »Volkswacht« (Westpreußen) vom 9. Juni 1914.

Zeugenaufruf in der »Volkswacht« (Westpreußen) vom 9. Juni 1914.

[1] Vgl. Zeugenaussagen im »Lübecker Volksboten« vom 1. Juli 1914.
[2] Vgl. Der Prozess Luxemburg, in: »Lübecker Volksbote« vom 3. Juli 1914.

Links zu den Quellen: »Volkswacht« (Westpreußen) vom 9. Juni 1914 und Bericht zur Vertagung der Verhandlung im »Lübecker Volksboten« vom 6. Juli 1914.

Zur Rede in Freiburg im Breisgau: Rosa Luxemburg, Reden, hrsg. v. Günter Radczun, Leipzig 1976, Kap. 49, digitalisiert von Projekt Gutenberg-DE.