»Dreiklassenschmach«

Sozialdemokraten protestieren für ein allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht in Preußen

Flugblatt mit Aufruf zur Versammlung in Altona. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Flugblatt mit Aufruf zur Versammlung in Altona. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Am 28. Mai 1914 informierte Heinrich Kürbis, SPD-Stadtverordneter in Altona und Bezirksparteisekretär für Schleswig-Holstein, alle Versammelten im Ballsaal »Blumensäle« in Altona über die aktuellen Ereignisse im Preußischen Abgeordnetenhaus. Der neue preußische Reichsminister des Innern Friedrich Wilhelm von Loebell hatte dort zehn Tage zuvor nach seiner Antrittsrede die Frage, ob er für Preußen ein neues Wahlrecht vorsehe, vehement verneint. Mit seiner klaren Absage entfachte er einen Sturm der Entrüstung aufseiten der Sozialdemokraten.[1] Die Ablösung seines Vorgängers, Johann von Dallwitz, hatte zunächst neue Hoffnungen auf eine Reform geweckt. Die durch das Wahlrecht unantastbare politische Dominanz der wohlhabenden Agrarier, Junker und Konservativen und die Vormachtstellung Preußens im Reich stellten die größte Hürde für demokratische Reformen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung dar. Loebell selbst gehörte als Rittergutsbesitzer zu den Profiteuren des Dreiklassenwahlrechts.

[1] Vgl. Bericht zur Sitzung im Abgeordnetenhaus im »Lübecker Volksboten« vom 19. Mai 1914.