Russische Generalmobilmachung

Zar Nikolaus II. befiehlt die Mobilisierung seiner Armee

Schon am 28. Juli 1914 waren Teile der russischen Armee in Alarmbereitschaft versetzt worden. Nun, zwei Tage später, ordnete Zar Nikolaus II. die Mobilmachung aller seiner Truppen an.

Karten zur Kriegsstärke der europäischen Armeen und zur russischen Mobilmachung in der »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 1. August 1914.

Karten zur Kriegsstärke der europäischen Armeen und zur russischen Mobilmachung in der »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 1. August 1914.

Link zur Quelle: »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 1. August 1914.

Aufruf des Internationalen Sozialistischen Büros

Vertreter der II. Internationale sprechen sich für eine schiedsgerichtliche Einigung aus

Das Internationale Sozialistische Büro im Juni 1914. Broschüre zum X. Internationalen Sozialistenkongress in Wien 1914. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Das Internationale Sozialistische Büro im Juni 1914. Broschüre zum X. Internationalen Sozialistenkongress in Wien 1914. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Nach eingängiger Beratung veröffentlichte das Internationale Sozialistische Büro noch am 29. Juli 1914 einen Aufruf, in dem es die europäische Arbeiterklasse aufforderte, den Kampf um den Frieden und für eine schiedsgerichtliche Erledigung des österreichisch-serbischen Konflikts fortzusetzen und zu verstärken.[1] Mittlerweile war dem SPD-Parteivorstand von Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg die Botschaft übermittelt worden, man solle die sozialdemokratische Presse zur Zurückhaltung mahnen: Man drohte, dass, wenn es zum Krieg komme und der Belagerungszustand ausgerufen werde, dies für die Redaktionen allerlei Gefahren mit sich brächte.[2] Zugleich drückte er die Hoffnung aus, man könne den Konflikt auf den Balkanraum begrenzen. Der reformorientierte SPD-Reichstagsabgeordnete Albert Südekum war mit dem Reichskanzler in Kontakt getreten: Im Namen von Friedrich Ebert, 0tto Braun, Hermann Müller, Friedrich Bartels und Richard Fischer teilte er mit, dass keine Streikaktionen geplant seien.[3]

Karte aus der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 29. Juli 1914 zum ›Operationsgebiet‹ in Serbien.

Karte aus der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 29. Juli 1914 zum ›Operationsgebiet‹ in Serbien.

[1] Vgl. die Einträge zum 29. Juli 1914, in: Franz Osterroth/Dieter Schuster, Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Electronic ed., Bd. 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, Bonn 2001.
[2] Vgl. Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 237.
[3] Vgl. Osterroth/Schuster, Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Vgl. dazu auch: Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 50f.

Links zu den Quellen: Broschüre zum X. Internationalen Sozialistenkongress in Wien 1914, Wien [1914] und »Volksstimme« (Magdeburg) vom 29. Juli 1914.

Beratungen in Brüssel

Internationales Sozialistisches Büro debattiert über Maßnahmen gegen den Krieg

Am 29. Juli 1914 vertraten SPD-Parteivorsitzender Hugo Haase und Karl Kautsky ihre Partei beim außerplanmäßigen Treffen des Internationalen Sozialistischen Büros in Brüssel. Dort berieten sie zusammen mit anderen führenden Persönlichkeiten der europäischen Arbeiterbewegung wie Jean Jaurès, Pieter Jelles Troelstra, Émile Vandervelde und Keir Hardie die aktuelle Situation und arbeiteten an einer Stellungnahme gegen den Krieg.[1] Rosa Luxemburg war als Vertreterin der polnischen Sozialisten angereist. Haase, der eigentlich kein Tagebuch führte, hielt seine Bemühungen um die Aufrechterhaltung der internationalen Verbindungen der Arbeiterbewegung Ende Juli 1914 in Notizen fest. Insbesondere die Bemerkung des österreichischen Sozialdemokraten Victor Adler, dass er nicht an einen Weltkrieg glauben wolle, stand im Gegensatz zur der von Haase, Kautsky und Luxemburg vertretenen Position – sie warnten vor der akuten Kriegsgefahr und drängten auf schärfere Maßnahmen seitens der Internationale.[2]

Anlässlich seines zehnten Todestags veröffentlichte der »Vorwärts« in seiner Beilage »Der Abend« am 7. November 1929 bis dato unveröffentlichte tagebuchartige Aufzeichnungen Hugo Haases.

Anlässlich seines zehnten Todestags veröffentlichte der »Vorwärts« in seiner Beilage »Der Abend« am 7. November 1929 bis dato unveröffentlichte tagebuchartige Aufzeichnungen Hugo Haases.

[1] Vgl. Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 237.
[2] Vgl. Dem Gedächtnis Hugo Haases. Unveröffentlichtes zu seinem zehnten Todestag, in: »Vorwärts«, Beilage »Der Abend« vom 7. November 1929; vgl. auch Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 45f.

»Landesverräter«

Während Tausende Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gegen den Krieg demonstrierten, wurden sie von der konservativen Presse als »Landesverräter« beschimpft.

Ausschnitt aus der »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 31. Juli 1914 mit Zitat aus der konservativen »Kreuzzeitung« (Neue Preußische Zeitung).

Ausschnitt aus der »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 31. Juli 1914 mit Zitat aus der konservativen »Kreuzzeitung« (Neue Preußische Zeitung).

Link zur Quelle: »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 31. Juli 1914.

Massendemonstrationen gegen den Krieg

Tausende Anhänger der Arbeiterbewegung protestieren in den Städten des Kaiserreichs

Ausschnitt der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914.

Ausschnitt der »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914.

Ausschnitt des »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Ausschnitt des »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Am 28. Juli 1914 und in den Folgetagen kam es in allen größeren Städten des Reichs zu Massenprotesten gegen den Krieg. Dabei folgten Tausende dem Aufruf des Parteivorstands und der sozialdemokratischen Presse. Im Kölner Volkshaus fand mit etwa 10.000 Demonstranten eine der größten Veranstaltungen in der Geschichte der dortigen Arbeiterschaft statt.[1] In Berlin Unter den Linden kam es nach den Erinnerungen Philipp Scheidemanns zu einem tagelangen »Sängerkrieg«: »Zeitweilig wurden die Patrioten durch die Proletariermassen zur Ruhe gezwungen, dann aber waren sie wieder obenauf.«[2] Seit mehreren Tagen hatten sich Kriegsbefürworter und Kriegsgegner gegenseitig beschimpft und lauthals Lieder gesungen. Nach den ersten Jubelmärschen am Abend des 25. Juli hatte die Berliner SPD Gegenveranstaltungen organisiert.[3] Auswertungen der sozialdemokratischen Presse und lokalgeschichtlicher Studien zeigen eine hohe Beteiligung und eine weiträumige Ausbreitung der Antikriegsproteste: Zwischen dem 26. und dem 31. Juli 1914 demonstrierten weit mehr als 500.000 Menschen auf mindestens 288 Antikriegsversammlungen in 163 Städten und Gemeinden.[4]

Bildausschnitt: Sozialdemokratische Friedensdemonstration in Berlin auf dem Weg zum Treptower Park 1914. Rechteinhaber unbekannt, Quelle: SPD.

Bild: Sozialdemokratische Friedensdemonstration in Berlin auf dem Weg zum Treptower Park 1914, Ausschnitt SPD-Plakat. Rechteinhaber: ARE; Quelle: AdsD der FES [6/PLKA014453].

[1] Vgl. Manfred Faust, Krieg, Revolution, Spaltung. Die Kölner Sozialdemokratie 1914 bis 1920, in: Sozialdemokratie in Köln, Köln 1986, S. 83–104, hier: S. 83.
[2] Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 236.
[3] Zu den ersten Demonstrationen Unter den Linden vgl. Die Berliner Demonstration, in: »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 27. Juli 1914.
[4] Vgl. hierzu die Auswertung und Tabellen bei: Wolfgang Kruse, Krieg und nationale Integration. Eine Neuinterpretation des sozialdemokratischen Burgfriedensschlusses 1914/15, Essen 1994, S. 30–42, insb. S. 31.

Links zu den Quellen: »Volksstimme« (Magdeburg) vom 28. Juli 1914 und »Lübecker Volksbote« vom 28. Juli 1914.

Österreich-Ungarn erklärt Serbien den Krieg

Jetzt sprechen die Waffen

Nachdem das gestellte Ultimatum in den Augen Österreich-Ungarns nicht zufriedenstellend beantwortet worden war, erklärte Kaiser Franz Joseph I. Serbien den Krieg. Einen Tag später wurde die serbische Hauptstadt Belgrad von Kriegsschiffen aus beschossen.

Meldung des »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Meldung des »Lübecker Volksboten« vom 28. Juli 1914.

Österreich-Ungarn verfügte mit der Donauflottille über eine kleine Kriegsflotte für Binnengewässer. Gleich zu Beginn des Kriegs wurden die Kanonenboote eingesetzt. Ausschnitt aus der »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 28. Juli 1914.

Österreich-Ungarn verfügte mit der Donauflottille über eine kleine Kriegsflotte für Binnengewässer. Gleich zu Beginn des Kriegs wurden die Kanonenboote eingesetzt. Ausschnitt aus der »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 28. Juli 1914.

Links zu den Quellen: »Lübecker Volksbote« vom 28. Juli 1914 und »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 28. Juli 1914.