Vertreterinnen der sozialistischen Fraueninternationale warnen vor Kriegsgefahr durch Wettrüsten und Militarismus
Am Abend des 21. April 1914 war der Saal der Neuen Welt – einem beliebten Freizeit- und Versammlungsort im Süden Berlins – gut gefüllt. Clara Zetkin begrüßte ihre Parteifreundinnen. Neben dem Urteil gegen Rosa Luxemburg prangerte sie vor allem den preußischen Militarismus an, der sich erneut im Zuge der ›Zabern-Affäre‹ gezeigt habe. Durch die Teilnehmerinnen der am Vortag abgehaltenen Planungssitzung hatte die Versammlung internationalen Charakter. Einzig die Russin Alexandra Kollontai war schon wieder abgereist, um der Polizei zu entgehen. Der Polizeipräsident von Berlin, Traugott von Jagow, nutzte den »Sprachenparagrafen« des Vereinsgesetzes, um gegen die Sozialdemokratie vorzugehen. Dieser kam einem Verbot des Gebrauchs von Fremdsprachen bei Zusammenkünften gleich, sofern man eine gegen das Kaiserreich gerichtete Tendenz ausmachte. Um Kollontai zu schützen, wurde sie von der sozialdemokratischen Presse anonymisiert. Die Frauenrechtlerinnen Hilja Pärssinen aus Finnland und Luise Simonay aus Frankreich reisten gar nicht erst an, sondern schickten Grußbotschaften. Luise Zietz verdeutlichte abschließend die Gefahr des kapitalistischen Rüstungswettbewerbs für den Frieden und die kulturelle Weiterentwicklung der Völker und rief die internationale Sozialdemokratie zum Zusammenhalt auf.[1]