»Ein Elendsbild«

Schlechte Lebensbedingungen für Landarbeiter

Ein Elendsbild_Volkswacht_26.1.1914

»Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 26. Januar 1914

Der Rittergutsbesitzer und Reichstagsabgeordnete der Deutschkonservativen Partei Albrecht von Graefe hatte in der Reichstagsdebatte am 19. Januar 1914 um den Etat des Reichsamtes des Inneren betont, dass seine Partei zwar kein Gegner der Sozialpolitik sei, von einem Elend der Landarbeiter und daraus resultierenden Hilfen jedoch nicht gesprochen werden könne. Diese würden »weit besser wohnen, als in den industriellen Großstädten«. Anschließend argumentierte er scharf gegen ein Koalitionsrecht für Landarbeiter, welches nur die Gefahr von Streiks zur Erntezeit berge. Um die wirklichen Lebensbedingungen auf dem Land zu verdeutlichen,  berichtete die »Volkswacht« aus dem Dorf Gauernitz südöstlich von Meißen. Dort müsse eine Mutter mit ihren sechs Kindern in einem »Kirchhäußchen« wohnen das so kalt sei, dass die Wände »mit Rauhfrost bedeckt« wären. Da ihr Mann an einem epileptischen Leiden erkrankt sei, müsse sie, um sich und ihre Kinder zu ernähren, arbeiten gehen. 4 Mark Unterstützung und die geringe Invalidenrente reichten für die 7-Köpfige Familie nicht zum Überleben. Aufgrund der »herrschenden Wohnungsnot« finde sich kein Hausbesitzer, der sie aufnehme.

Trotz Arbeit konnten sich im Kaiserreich viele Menschen nur Wohnungen leisten, die nicht mehr als ein Notbehelf waren. Hier eine Innenaufnahme einer Wohnstätte mit Wäsche und einem provisorischen Ofen um 1914. Rechteinhaber nicht ermittelbar.

Trotz Arbeit konnten sich im Kaiserreich viele Menschen nur Wohnungen leisten, die nicht mehr als ein Notbehelf waren. Hier eine Innenaufnahme einer Wohnstätte mit Wäsche und einem provisorischen Ofen um 1914. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Link zur Quelle: »Volkswacht« 26. Januar 1914