Friedrich Ebert und Otto Braun fahren in die Schweiz
Gleich beim ersten Zusammentreffen nach dem Sommerurlaub am 28. Juli 1914 hatte der SPD-Parteivorstand Sicherungsvorkehrungen für den Belagerungszustand, der im Kriegsfall erklärt würde, erwogen. Diese beinhalteten auch die Überlegung, alle mobilisierbaren Finanzen der SPD in Sicherheit zu bringen.[1] Da die Entwicklung zunehmend auf eine Ausweitung des Kriegs unter deutscher Beteiligung hindeutete, beschloss der Parteivorstand am 30. Juli 1914 Friedrich Ebert und SPD-Schatzmeister Otto Braun (der ehem. Ministerpräsident Preußens) mit der Parteikasse in die Schweiz zu schicken. Im Falle des Kriegsausbruchs rechnete man jetzt nicht nur mit rigiden Maßnahmen gegen die sozialdemokratische Presse, sondern auch mit einem Verbot der SPD und der Verhaftung führender Funktionäre der Partei.[2] Unmittelbarer Auslöser war eine nachmittags um halb drei erschienene Fehlmeldung des »Berliner Lokal-Anzeigers«, der Kaiser hätte die Mobilmachung angeordnet. Obwohl die Nachricht innerhalb kürzester Zeit revidiert wurde, schien der Augenblick für Sicherheitsmaßnahmen gekommen zu sein: Eine Stunde später fuhren Ebert und Braun mit dem Zug in Richtung Zürich – die Erfahrungen des Sozialistengesetzes saßen tief in den Knochen der SPD.[3]
[1] Vgl. Dieter K. Buse, Ebert and the Coming of World War I. A Month from his Diary, in: International Review of Social History 13, 1968, S. 430–448, hier: S. 440.
[2] Vgl. den Eintrag zum 30. Juli 1914, in: Franz Osterroth/Dieter Schuster, Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Electronic ed., Bd. 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, Bonn 2001.
[3] Vgl. Philipp Scheidemann, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 1, Dresden 1928, S. 244f. Zu den Zeitangaben vgl. Buse, Ebert and the Coming of World War I, S. 442.