Lebensmittelmangel wegen niedrigen Löhnen und hohen Preisen trifft vor allem Arbeiterinnen
Während sich Arbeiterfamilien im 19. Jahrhundert noch viele ihrer Lebensmittel in kleinen Gärten und durch Tierhaltung selbst erwirtschaftet hatten, kauften sie nun immer mehr Nahrung ein. Obwohl das Essen meist knapp und teuer war, reichte es zum Überleben aus. In der Ernährungsweise gab es große regionale Unterschiede – auch zwischen Stadt und Land. Tendenziell wurde nun aber mehr Fleisch, Weißbrot, Gemüse und Obst anstelle von Roggenbrot, Kartoffeln und Hülsenfrüchten verzehrt.[1] So gesehen hatte sich die Ernährungslage der Arbeiterschaft etwas verbessert, doch noch immer waren die Löhne so niedrig, dass etwa 80% davon für Nahrungsmittel, Wohnung und Kleidung draufgingen.[2] Wie der von der »Volkswacht« zitierte Bericht des Bremer Gewerbeinspektors zeigte, waren von den Entbehrungen vor allem Frauen betroffen.
[1] Vgl. Hans Jürgen Teuteberg, Wie ernährten sich Arbeiter im Kaiserreich?, in: Werner Conze/Ulrich Engelhardt (Hrsg.), Arbeiterexistenz im 19. Jahrhundert. Lebensstandard und Lebensgestaltung deutscher Arbeiter und Handwerker, Stuttgart 1981, S. 57–73, hier: S. 70ff.
[2] Vgl. Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 16: Volker Berghahn, Das Kaiserreich 1871–1914. Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat, Stuttgart 2003, S. 115.
Link zur Quelle: »Volkswacht« für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete vom 10. Juni 1914.