SPD-Reichstagsfraktion stimmt über die Bewilligung von Krediten zum Ausbau der Eisenbahn in der Kolonie ›Deutsch-Ostafrika‹ ab und stellt Bedingungen
Seit 1891 verwaltete das Deutsche Reich die vorher durch die »Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft« errichtete Kolonie ›Deutsch-Ostafrika‹. Zur weiteren Erschließung sollte eine neue Eisenbahnlinie gebaut werden, die in den Nordwesten der Kolonie (heutiges Ruanda) führte. Auf der Fraktionssitzung am 18. Februar 1914 stimmte die SPD-Reichstagsfraktion mit 48 gegen 11 Stimmen für eine Bewilligung der dazu notwendigen Kredite unter strengen Bedingungen: Die am Bau beschäftigten Arbeiter sollten keinem Arbeitszwang unterliegen und sowohl mit Verpflegung als auch medizinisch ausreichend versorgt werden. ›Eingeborene‹ sollten nicht aus den zu erschließenden Gebieten in die Plantagen verschleppt und ihr Eigentum geachtet werden. Zudem sollten keine neuen Plantagen mehr zugelassen, der Arbeitszwang seitens der Behörden und der Kolonialisten generell eingestellt und alle Arbeitsverhältnisse in den ›Schutzgebieten‹ durch Arbeitszeitregelungen und Minimallöhne gerechter gestaltet werden.[1] Obwohl der Reichstag nach ausgiebiger Diskussion die nötigen Mittel schließlich bewilligte, wurde das Projekt aufgrund des Ersten Weltkriegs nicht mehr verwirklicht.
[1] Die Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie 1898 bis 1918. Erster Teil, bearb. v. Erich Matthias u. Eberhard Pikart (= Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, hrsg. v. Werner Conze u. Erich Matthias, Bd. 3/I), Düsseldorf 1966, S. 311f.